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von Dr. med. Konstantin Wagner

28.08.2020

Unregelmäßiger Zyklus

Stei­gen wir di­rekt mit ei­nem Fakt in die The­ma­tik ein, den du so viel­leicht nicht ver­mu­tet hät­test: nur we­ni­ge Frau­en ha­ben ein "Schwei­zer Uhr­werk Zy­klus", also re­gel­mä­ßig und über Jah­re die lehr­buch­mä­ßi­gen 28 Tage. Und ich be­to­ne Lehr­buch 28 Tage! Die rea­len Zy­klen sind sel­ten re­gel­mä­ßig und auf den Tag ge­nau. Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten sind also durch­aus zu er­war­ten und im Le­ben ei­ner Frau auch pha­sen­wei­se "nor­mal". Wich­tig ist es krank­haf­te Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten zu ken­nen, zu ent­de­cken und mög­li­cher­wei­se zu be­han­deln. 

Takt­ge­ber für dei­nen Zy­klus sind die Hor­mo­ne, auf die wir in an­de­ren Ar­ti­keln schon ein­ge­gan­gen sind. Die­se Hor­mo­ne be­stim­men dei­nen Zy­klus und des­sen Ab­läu­fe. Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten kann es auf al­len Ebe­nen ge­ben und in al­len Pha­sen des Zy­klus. So kann die Fol­li­kel­pha­se (das Her­an­rei­fen der Ei­bläs­chen) ge­stört sein, der Ei­sprung ver­zö­gert, oder auch die zwei­te Zy­klus­hälf­te ver­scho­ben sein. Im All­tag lau­ern vie­le Ein­fluss­fak­to­ren auf den weib­li­chen Zy­klus wie bei­spiels­wei­se Stress, Leis­tungs­sport, Zi­ga­ret­ten- oder Al­ko­hol­ab­usus, Orts- oder Kli­ma­wech­sel und selbst Er­näh­rung kann den Zy­klus be­ein­flus­sen. Und hier spre­chen wir noch nicht über mög­li­che vor­he­ri­ge hor­mo­nel­le Ver­hü­tung, Vor­er­kran­kun­gen oder Stoff­wech­sel­stö­run­gen. Selbst der Life­style hat Ein­fluss. Ein un­re­gel­mä­ßi­ger Zy­klus kann aber auch auf Er­kran­kun­gen zu­rück­zu­füh­ren sein.

Was gibt es für Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten?

  • Kurze Zyklusdauer, öfter Blutungen (Polymenorrhoe)
  • Lange Zyklusdauer, wenig Blutungen (Oligomenorrhoe)
  • Ausbleibende Regelblutung (Amenorrhoe)
  • Abgeschwächte Regelblutung (Hypomenorrhoe)
  • Verstärkte Regelblutung (Hypermenorrhoe)
  • Anhaltende Regelblutung (Menorrhagie)
  • Auftreten von Zusatzblutungen (Metrorrhagie)
  • Schmierblutungen (Spotting)
  • Kein wirklicher Zyklus erkennbar

Was ist "nor­mal"

Nor­mal gibt es im Prin­zip nicht! Ein phy­sio­lo­gi­scher Zy­klus dau­ert zwi­schen 25 und 35 Tage bei ei­ner Blu­tungs­dau­er von drei bis sie­ben Ta­gen. Al­les „von bis“ An­ga­ben. Die ers­te Zy­klus­hälf­te be­ginnt mit dem ers­ten Tag der Mens­trua­ti­on und die zwei­te Zy­klus­hälf­te be­ginnt mit dem Ei­sprung nach 12–15 Ta­gen. Die 2. Zy­klus­hälf­te dau­ert meis­tens 14–15 Tage und ist der kon­stan­te­re Part im Zy­klus. Der phy­sio­lo­gi­scher Blut­ver­lust ist 60–120 mL. Ab­wei­chun­gen von die­ser „nor­ma­len“, re­gel­mä­ßi­gen Mens­trua­ti­ons­blu­tung wer­den Zy­klus­stö­run­gen (Mens­trua­ti­ons­stö­run­gen) ge­nannt, wenn sie über ei­nen län­ge­ren Zeit­raum auf­tre­ten und/ oder neu auf­tre­ten. Ein re­gel­mä­ßi­ger Zy­klus von 36 Ta­gen gilt also nicht gleich als "un­phy­sio­lo­gisch". Ein Ei­sprung, der im­mer an Tag 16/17 statt­fin­det ist auch nicht ver­spä­tet, son­dern ein­fach dein Zy­klus.

Wann soll­te ich ärzt­li­che Hil­fe ein­ho­len?

Eine pau­scha­le Re­gel gibt es hier nicht. Als Faust­re­gel kannst du dir aber fol­gen­de Kon­stel­la­tio­nen mer­ken, die man ab­klä­ren las­sen soll­te :

  • eine Veränderung eines vorher völlig unauffälligen Zyklus, welche länger als drei Monate andauert
  • Wenn du noch nie oder sehr selten deine Periode hast/ hattest
  • Zusätzlich männliches Behaarungsmuster
  • Anhaltende Schmier- oder Zwischenblutungen
  • Sehr starke und anhaltende Periodenblutung
  • Ständige Schmierblutungen

Sprich bei Un­si­cher­hei­ten am Bes­ten mit dei­nen zu­stän­di­gen Ärz­ten.

Du kannst aber auch ger­ne von mir in mei­ner ON­LINE SPRECH­STUN­DE eine Ein­schät­zung be­kom­men.

Was sind Grün­de für Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten?

Es gibt auf­grund der Kom­ple­xi­tät des weib­li­chen Zy­klus un­ab­hän­gig von den oben be­reits be­schrie­be­nen Le­bens­wei­sen vie­le or­ga­ni­sche Ur­sa­chen für Zy­klus­un­re­gel­mä­ßig­kei­ten, wie zum Bei­spiel:

  • PCO- Syndrom
  • Eierstockszysten
  • Gelbkörperschwäche
  • Schwangerschaft
  • Ovarialinsuffizienz ("Eierstocksschwäche")
  • Schilddrüsenerkrankungen
  • Gutartige Tumore (Prolaktinom, Myom etc.)
  • Entzündungen
  • Fehlgeburten
  • Medikamente
  • Stress

Dies sind nur ei­ni­ge we­ni­ge Bei­spie­le. Ent­spre­chend lang­wie­rig und er­schwert kann auch manch­mal die Dia­gnos­tik bei dei­nen Ärz­ten sein.

Was ma­chen die Ärz­te?

Vor al­lem erst ein­mal zu­hö­ren! Es ist wich­tig die Zu­sam­men­hän­ge, die Vor­ge­schich­te, mög­li­che Vor­er­kran­kun­gen, Me­di­ka­men­ten­ein­nah­me, so­zia­le und pri­va­te Um­stän­de in die Dia­gnos­tik mit ein­flie­ßen zu las­sen. Eine kör­per­li­che Un­ter­su­chung und Ul­tra­schall des Un­ter­leib ge­hört im­mer dazu. Blut­un­ter­su­chun­gen auf Hor­mon­stö­run­gen kön­nen Be­stand­teil sein, je nach Vor­ge­schich­te. Die The­ra­pie rich­tet sich na­tür­lich nach der Ur­sa­che und soll­te im­mer in Ab­spra­che mit der Pa­ti­en­tin er­fol­gen. Auch hier ist es wich­tig zu­zu­hö­ren. Wie ist die wei­te­re Fa­mi­li­en­pla­nung, was ist ge­wünscht und ge­wollt.

Was kannst du ma­chen?

Zu­nächst ein­mal ist es wich­tig dich und dei­nen Life- Style zu re­flek­tie­ren. Wie sieht es bei dir aus mit Stress, Schlaf­man­gel, viel Sport, Er­näh­rung, Ge­wicht. Rauchst du, trinkst du Al­ko­hol? War dein Zy­klus im­mer schon un­re­gel­mä­ßig, oder ist er es erst ge­wor­den? Nimmst du Me­di­ka­men­te oder hast du In­fek­tio­nen ge­habt? Du soll­test dir vor dem Be­such dei­ner Gy­nä­ko­log*in viel­leicht so­gar eine Lis­te mit all die­sen Stich­punk­ten auf­schrei­ben. Das macht es uns Ärz­ten leich­ter und bringt dir viel­leicht schon Klar­heit in die Pro­ble­ma­tik.

Agnus Cas­tus (Mönchs­pfef­fer) ist ein pflanz­li­ches und gut er­prob­tes Mit­tel ge­gen Zy­klus­be­schwer­den und dem prä­men­stru­el­len Syn­drom. Es hilft aber auch bei Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten. Wich­tig ist, dass die Ein­nah­me lang­fris­tig und min­des­tens 12 Wo­chen er­fol­gen muss, um ei­nen mög­li­chen Ef­fekt zu er­zie­len. Wäh­rend der Schwan­ger­schaft und/ oder Still­zeit soll­te man Agnus Cas­tus nicht ver­wen­den. Es gibt auch Kreuz­re­ak­tio­nen mit be­stimm­ten Me­di­ka­men­ten. Im Zwei­fel sprecht ihr die Ein­nah­me mit eu­ren Ärzt*in­nen ab.

Zy­klus­un­re­gel­mä­ßig­kei­ten sind nicht die Aus­nah­me, son­dern eher die Re­gel (kein schlech­ter Wort­witz) im Lau­fe ei­nes Frau­en­le­bens. Sehr oft ver­birgt sich da­hin­ter auch gar nichts Schlim­mes, son­dern eine Lau­ne der Na­tur. Eine ner­vi­ge und läs­ti­ge Lau­ne, aber eben nicht un­be­dingt Be­hand­lungs­be­dürf­tig. Doch ge­ra­de wenn es um Kin­der­wunsch geht, kön­nen sol­che Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten na­tür­lich stö­ren und das Vor­ha­ben er­schwe­ren. In der Pra­xis habe ich da­mit fast täg­lich zu tun und jede Be­ra­tung ist so in­di­vi­du­ell wie die Frau selbst. Für je­den oben auf­ge­führ­te Re­gel­tem­po- und Re­gel­ty­pus­stö­rung gibt es spe­zi­el­le Un­ter­su­chun­gen. Dem Ver­dacht auf ein Po­ly­zys­ti­sches- Ovar Syn­drom wird an­ders nach­ge­gan­gen wie eine ver­stärk­te und ver­län­ger­te Blu­tung. Ent­spre­chend än­dert sich auch die The­ra­pie.Au­ßer­dem ist der Zy­klus ein sehr trä­ger Me­cha­nis­mus. Er braucht un­ter Um­stän­den et­was Zeit um wie­der in die Bahn zu kom­men.

Sei also dei­ner Gy­nä­ko­log*in nicht böse, wenn nach dem ers­ten Be­such noch kein Grund ge­fun­den wur­de. Der Zy­klus brauch Zeit!

In die­sem Vi­deo er­klä­re ich die ge­nau­en Ab­läu­fe des weib­li­chen Zy­klus.

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Dr. med. Konstantin Wagner

Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.

Im Kon­takt mit mei­nen Pa­ti­en­tin­nen wur­de mir be­wusst, wie schwer es me­di­zi­ni­schen Lai­en oft fällt, ech­te Fach­in­for­ma­tio­nen von My­then und In­ter­net-Pa­nik­ma­che zu un­ter­schei­den. Ich habe es mir da­her zur Auf­ga­be ge­macht, fun­dier­tes Wis­sen zu mei­nen Fach­ge­bie­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len – in ver­schie­dens­ten For­ma­ten so­wie auf nach­voll­zieh­ba­re und kurz­wei­li­ge Wei­se.