
von Dr. med. Konstantin Wagner
25.11.2023
Gewalt unter Geburt
Gewalt vor, während oder nach der Geburt: Laut der Statistik der Roses Revolution Deutschland wurden 2021 627 Rosen von Betroffenen, die Gewalt vor, während oder nach der Geburt (mit-)erlebt haben, am Roses Revolution Day vor Ort oder virtuell in Deutschland abgelegt. Hinter jeder Rose steht die Geschichte eines traumatischen Geburtserlebnisses.
TRIGGERWARNUNG
Was ist der Roses Revolution Day, der am 25. November stattfindet?
Seit 2011 legen weltweit, in Deutschland seit 2013, Frauen rosafarbene Rosen vor den Türen von Kreißsälen, Kliniken, Praxen, Geburtshäusern, … ab, in denen sie während ihrer Schwangerschaft, Geburt oder Wochenbett Gewalt erfahren haben. Manche Betroffene fügen ihrer Rose einen Brief an die Verantwortlichen bei. Anschließend werden die Bilder der Niederlegung im Internet geteilt.
Auch Partner*innen, Begleitpersonen, Hebammen-/ Schüler*innen, Krankenpfleger*innen, Ärzt*innen, … können mit einer Rose die miterlebte Gewalt aufzeigen.
Ziel der Aktion ist es, Gewalt in der Geburtshilfe sichtbar zu machen und Verantwortliche aufzurütteln. Für Betroffene kann das Ablegen der Rose ein Schritt auf dem Weg ihrer Heilung sein.
Was ist Gewalt in der Geburtshilfe?
Genaue Daten zu Gewalt in der Geburtshilfe gibt es bislang (noch) nicht. Je nach Quelle und Definition wird aber davon ausgegangen, dass 10-50% der werdenden Mütter Gewalt rund um die Geburt ihres Kindes/ ihrer Kinder erleben.
Die Formen von Gewalt vor, während und nach der Geburt sind dabei sehr unterschiedlich.
Das kann körperliche Gewalt im Sinne von Festhalten, grober Behandlung wie beispielsweise das unnötig schmerzhafte Legen eines Blasenkatheters oder auch der Zwang unter Wehen still zu liegen sein. Auch über psychische Gewalt wie Anschreien, Beschimpfen oder Diskriminieren (Alter, Gewicht, Herkunft, …) wird berichtet. Darüber hinaus kann auch strukturelle Gewalt erlebt werden, was deutlich abstrakter und schwerer zu fassen ist. Damit gemeint sind fehlende Raumkapazitäten oder Personalmangel, wodurch Frauen selbst unter Wehen von Geburtskliniken abgewiesen werden oder die Hebammen Unterversorgung.
Die oben genannten Punkte sind als Beispiele zu verstehen. Möchtest du tiefer in das Thema einsteigen, schaue zum Beispiel bei https://www.gerechte-geburt.de/wissen/gewalt-in-der-geburtshilfe/ vorbei, die eine umfassende Liste auf ihrer Homepage zusammengestellt haben.
Wie kannst du teilnehmen?
Wenn du vor, während oder nach der Geburt deines Kindes/ deiner Kinder Gewalt erlebt hast oder Zeuge warst, kannst du am 25. November eine rosafarbene Rose, wenn du möchtest mit einem Brief/ einer Postkarte vor dem Ort ablegen, an dem dir Gewalt widerfahren ist. Du kannst auch virtuell eine Rose ablegen und für die Statistik zur Roses Revolution dein persönliches Schicksal melden (unter https://www.rosesrevolutiondeutschland.de/Aktionstag/Statistik/).
Wo finde ich Hilfe, wenn ich von Gewalt im Kontext von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett betroffen bin?
Der Verein Traum(a) Geburt e. V. hilft anonym, kostenlos und traumasensibel Betroffenen, die Schwangerschaft, Geburt oder das Wochenbett als traumatisch, gewaltvoll oder fremdbestimmt empfunden haben. Sie haben auch den Roses Revolution Day als festes Projekt in ihr Vereinsgeschehen aufgenommen. Du findest sie unter: https://traumageburtev.de/.
Auch der Verein Mother Hood e. V. hat in Zusammenarbeit mit der Internationalen Gesellschaft für Prä- und Perinatale Psychologie und Medizin e. V. (ISPPM e. V.) ein Angebot für Betroffene. Hier gelangst du zur Seite des Hilfetelefons schwierige Geburt: https://hilfetelefon-schwierige-geburt.de/.
Quellen:
Dr. med. Konstantin Wagner
Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.
Im Kontakt mit meinen Patientinnen wurde mir bewusst, wie schwer es medizinischen Laien oft fällt, echte Fachinformationen von Mythen und Internet-Panikmache zu unterscheiden. Ich habe es mir daher zur Aufgabe gemacht, fundiertes Wissen zu meinen Fachgebieten zur Verfügung zu stellen – in verschiedensten Formaten sowie auf nachvollziehbare und kurzweilige Weise.