
von Dr. med. Konstantin Wagner
23.10.2024
Darmkrebs – Vorsorge & Früherkennung
Wusstest du, dass Darmkrebs mit ca. 64.000 Neuerkrankungen pro Jahr zur zweithäufigsten Krebserkrankung der Frau nach Brustkrebs gehört? Falls nicht, weißt du es jetzt und falls ja, war dir schon vorher klar, dass sich ein Beitrag darüber auf jeden Fall lohnt. Dröseln wir das Ganze mit Blick in die S3-Leitlinie einmal auf:

Was wird unter Darmkrebs verstanden?
(Dick-)Darmkrebs wird auf „schlau“ kolorektales Karzinom (KRK) genannt. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um eine bösartige Wucherung des Kolons (= Dickdarm) oder des Rektums (= End- oder Mastdarm). Darmkrebs entsteht fast immer aus zunächst gutartigen Vorstufen, sogenannten Polypen. Die meisten dieser Darmpolypen bleiben klein und harmlos, manche aber wachsen über viele Jahre und einige werden bösartig.
Facts & Figures:
- Ca. 64.000 Neuerkrankungen und ca. 26.000 Todesfälle pro Jahr
- 90 % werden nach dem 55. Lebensjahr diagnostiziert
- Zweithäufigster Krebs der Frau (ca. 29.000 Neuerkrankungen pro Jahr) und dritthäufigster Krebs des Mannes (ca. 36.000 Neuerkrankungen pro Jahr)

Wo kann Darmkrebs gefunden werden?
Die Lokalisationshäufigkeit steigt nach aboral (= vom Mund entfernt) an, das heißt in den weiter vom Mund entfernten Dickdarmteilen wird häufiger Darmkrebs gefunden.
- Mastdarm = Rektum 50 %
- S-förmige Krümmung = Colon sigmoideum 30 %
- Querverlaufender und absteigender Ast = Colon transversum und descendens 10 %
- Blinddarm und aufsteigender Ast = Zäkum und Colon ascendens 10%

Welche Anzeichen, Beschwerden und Symptome kann Darmkrebs machen?
Leider gibt es keine auffälligen oder charakteristischen Frühsymptome. Darauf solltest du aber achten und bei Unsicherheiten lieber einmal zu viel als zu wenig nachschauen lassen:
- Plötzliche Veränderungen des Stuhlgangs
- Verstopfung oder Durchfall
- Blut im Stuhl (sichtbar oder okkult (= mit bloßem Auge nicht sichtbar) – bei Blutabgang auch bei bekannten Hämorrhoiden immer (!) an Krebs denken
- „Bleistiftstühle“
- „Falsche Freunde“ = ungewollter Stuhlgang beim Abgang von Winden
- B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsabnahme)
- Leistungsabfall, Müdigkeit
- Tastbare Raumforderung
- Blutungsanämie (= Blutarmut)
- Bauchschmerzen
- Dauerhaft übelriechende Darmwinde
- Spätsymptom: Symptome eines Darmverschlusses
Vorsorge
Weil spezifische Symptome fehlen und häufig erst im Spätstadium deutliche Beschwerden auftreten, fällt der Vorsorge eine so große Bedeutung zu.
Darmkrebsvorsorge für Gesunde ab 50 Jahre ohne erhöhtes Risiko.
Alter ≥ 50
- Männer: Darmspiegelung (= Koloskopie), alternativ jährlich Stuhltest auf okkultes Blut
- Frauen: jährlich Stuhltest auf okkultes Blut
Alter ≥ 55
Koloskopie plus Digital rektale Untersuchung (= Tastuntersuchung des Enddarms mit dem Finger)
- Bei unauffälligem Befund Darmspiegelung nach 10 Jahren wiederholen, ggf. kürzere Nachsorgeintervalle, je nach individuellem Befund
- Bei vollständiger Darmspiegelung ist kein weiterer Stuhltest notwendig
- Wenn Darmspiegelung abgelehnt wird, dann Sigmoidoskopie alle 5 Jahre plus jährlicher Stuhltest auf okkultes Blut
- Bei Ablehnung einer Sigmoidoskopie, dann jährlicher Stuhltest auf okkultes Blut
- Bei Menschen mit erhöhtem Risiko für Darmkrebs (z. B. bei genetischer Vorbelastung, Colitis ulcerosa oder Verwandten 1. Grades mit KRK) intensivierteres Vorgehen
Jedes positive Ergebnis eines Stuhltestes macht die vollständige Untersuchung des Dickdarms erforderlich!

Was übernimmt die Krankenkasse:
- Koloskopie bei Männern ab 50, bei Frauen ab 55 alle 10 Jahre
- 50-54 jährlicher Stuhltest, ab 55 nur noch alle 2 Jahre, wenn Darmspiegelung abgelehnt wird
Was du tun kannst, um dein Risiko an Darmkrebs zu erkranken, zu senken: Prävention
- Regelmäßige körperliche Aktivität (30-60 Minuten/Tag, moderate Intensität)
- Gewichtsreduktion bei Übergewicht (BMI > 25 kg/m2)
- Verzicht auf Tabakrauchen
- Ernährung gemäß Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)
- Ballaststoffaufnahme von möglichst 30 g/Tag
- Limitierter Alkoholkonsum
- Rotes bzw. verarbeitetes Fleisch sollte nur in geringen Mengen (nicht täglich) konsumiert werden
- 5 Portionen Obst und Gemüse am Tag
Therapie
Die Behandlung richtet sich nach dem Stadium, in dem sich der Darmkrebs befindet, dem Allgemeinzustand der Patient*in und der Molekularbiologie (= vereinfacht Aggressivität) des Tumors. Zur Einteilung wird geschaut, wie groß der Tumor ist und ob er teilweise oder komplett durch die Wand des Darms durchgebrochen ist, ob örtliche Lymphknoten befallen sind und ob der Krebs bereits in andere Bereiche des Körpers gestreut hat (Metastasierung).
- Frühes Stadium: Operation mit dem Ziel der vollständigen Entfernung
- Spätstadium: Operation in Kombination mit Chemotherapie, in Einzelfällen Strahlentherapie
Quellen:
Bildnachweise:
© AMBOSS GmbH, Berlin und Köln, Germany
© bbilderzwerg / Fotolia
Dr. med. Konstantin Wagner
Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.
Im Kontakt mit meinen Patientinnen wurde mir bewusst, wie schwer es medizinischen Laien oft fällt, echte Fachinformationen von Mythen und Internet-Panikmache zu unterscheiden. Ich habe es mir daher zur Aufgabe gemacht, fundiertes Wissen zu meinen Fachgebieten zur Verfügung zu stellen – in verschiedensten Formaten sowie auf nachvollziehbare und kurzweilige Weise.